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Montag, 2. Dezember 2024

Kongo III: Aussehen wie ein britischer Dandy? Die Sapeurs aus Brazzaville können das noch viel besser.


Die Kongo-Dandys tauchen auf. 

So bedrückend vieles in der Republik Kongo anmutet - es gibt auch eine glänzende Seite. Und die ist wörtlich zu nehmen. Die Sapeurs sind eine Wucht, wie wir begeistert feststellen, als sie uns auf dem Schiff besuchen. 

Vier Dandys tänzeln im Dreiteiler, glänzenden Lederschuhen, mit Hut und Spazierstock, Tabakpfeife und Sonnenbrille über den Schiffssteg, obwohl es regnet. Nur ihr Chef folgt ihnen mit Abstand im farbigen Freizeitlook 


Als sie auf dem Deck erscheinen, erkennen wir, dass auch zwei Frauen dazu gehören. Das Motto der Truppe:  Sich so exaltiert wie nur möglich in Pose werfen. Eine der Frauen knallt die Fersen in kuriosere Weise zusammen und harrt in dieser Stellung eine gefühlte Ewigkeit aus, das Designerjackett ist aufgeklappt, damit man das Label von Versace & Co. sehen kann, der Blick betont ausdruckslos. Und hier ein Video dazu. 
        
Sie alle gehören der "Union de la Sape" mit Sitz in Brazzaville an. Die Wurzeln dieser Bewegung reichen in die Kolonialzeit zurück. Die Menschen bewunderten Studenten und Intellektuelle, die von einem Aufenthalt in Paris völlig verwandelt heimkehrten, im Nadelstreifenanzug, mit Hut, Brille, Lederschuhen, Spazierstock. Den Stil der weissen Bourgeoisie zu imitieren, war angesag

Als bien sapé, elegant gekleidet, wurden die Nachahmer  selbst zum Vorbild junger Männer, die sich  in den 1970er Jahren, den Namen "Sapeurs" gaben und, eine Dekade später, in "La Sape" zusammenfanden: der "Société des Ambianceurs et des Personnes Elégantes". 

Am liebsten präsentieren sich die Dandys zum Song "Proclamation" von Papa Wemba, der als König der kongolesischen Rumba gilt. Der Song handelt von einem jungen Mann, der sein Studium in Paris hinschmeisst, Geld verdient und sich eine teure Garderobe zulegt, um sich vor den Damen in der Heimat als Pariser Monsieur in Szene zu setzen. 

Wemba war selber Sapeur. Von ihm soll der Spruch stammen, dass die Weissen zwar bestimmte Typen von Kleidungsstücken erfunden haben. Aber erst die Afrikaner hätten aus der Art, sie zu tragen, eine Kunst gemacht. 




Die Imitation französischer Eleganz hat sich durch grelle Farbkombinationen und theatralisches Auftreten, zu einem eigenen afrikanischen Stil entwickelt. Wer sich exklusiv kleidet, beweist allen, dass er trotz alle Widrigkeiten Herr seines Schicksals geblieben ist. Erst die "griffes", die Designermarken aus Frankreich oder Italien, sind die Trophäen, die das Wunder der Verwandlung schaffen. 

Auch hier gilt Papa Wemba als Trendsetter. Anfang der 1980er Jahre rebellierte er in Kinshasa auf dem anderen Kongo-Ufer gegen die vom damaligen Diktator Mobutu ausgerufene Kampagne der Reafrikanisierung. Mobutu wollte westliche Kleidung, sogar BHs und Krawatten, verbannen. 

Mit Armani-Anzügen, deren Etikett er provokativ dem kreischenden Publikum hinhielt, rebellierte  Papa Wemba dagegen - aus den Sapeurs wurde plötzlich eine politische Bewegung. 

Der Dandy-Look wird heute auf beiden Seiten des Kongo respektiert. Jeder kann mitmachen. Allerdings, so betont der Chef der kleinen Truppe auf dem Schiff, sollte man ein Gespür für Stil mitbringen. Dazu gehöre es, nicht mehr als drei Farben zu tragen. Daran hält auch er sich, obwohl im Freizeitlook gewandet.


Stilvoller Abgang vom Schiff. 



Kongo I: Wer nach Brazzaville reist, kann zwei Rekorde feiern



Ein Fluss, zwei Hauptstädte: Brazzaville (o.l.) und Kinshasa (u.l.). Bild Nasa

Als mir zwei alte Reisefreunde vor längerem mitteilten, dass sie eine Flussfahrt auf dem Kongo planten, war ich sofort dabei. Zentralafrika war bis zu diesem Zeitpunkt einer meiner vielen buchstäblich weissen Flecken auf der Landkarte des schwarzen Kontinents. 

Unsere Reise begann am 7. November 2024 mit dem Flug von Paris Charles De Gaulle nach Brazzaville Maya-Maya mit der Air France A722. Weil ich das Kleingedruckte auf dem elektronischen Ticket nicht genau studiert hatte, realisierte ich erst auf dem Flug, dass unsere A350-900 zuerst in Kongo Kinshasa zwischenlanden würden. 

Auch gut, sagte ich mir, dann hätte ich wenigstens einen Fuss in die beiden Staaten des Kongo gesetzt, die auseinander zu halten, nicht nur mir schwerfällt. Welches ist die Demokratische Republik Kongo? Und auf welcher Uferseite liegt die Republik Kongo? Weil das so tricky ist, spricht man der Einfachheit halber nur noch von Kongo-Brazzaville und Kongo-Kinshasa

Die Trennlinie zwischen den beiden Staaten ist der Kongo, der mit 4374 km zweitlängste Strom Afrikas. Unser finales Reiseziel Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo liegt auf der nördlichen Seite, Kinshasa, die Hauptstadt der Demokratische Republik Kongo auf der südlichen Seite. 


Die Air-France-Maschine im Anflug auf Kinshasa und Brazzaville. Rekord Nr. 1: Nirgends auf der Welt liegen zwei Hauptstädte so nahe beieinander. 

Tönt kompliziert, wird uns in den nächsten zwei Stunden jedoch die einmalige Möglichkeit bieten, gleich zwei Rekorde zu brechen. Rekord Nummer 1: Weltweit gibt es keine zwei Hauptstädte, die so nahe beieinander liegen wie Kinshasa und Brazzaville. Die zwei Metropolen liegen 4,7 km auseinander.  

Daraus folgt zwingend der zweite Rekord. Die Flugdauer zwischen dem N'Djili Airport in Kinshasa dauert nach dem Start bis zum Touch-down auf dem Flughafen Maya-Maya in Brazzaville genau 10 Minuten. Es dürfte sich weltweit um den kürzesten Flug in der kommerziellen Aviatik handeln. 

Unser Pech: Weil der Flug so kurz ist, können wir nicht mit Champagner auf die Rekorde anstossen....


Rekord Nr. 2: Die Flugzeit zwischen den beiden Hauptstädten dauert ganze 10 Minuten. 

Auf der Fahrt vom Flughafen Maya-Maya zur Anlegestelle unseres Flussschiffes "MS Princesse Ngalessa" am Kongo blicken wir auf die nächtlich erleuchtete Skyline von Kinshasa auf der anderen Flussseite. Mit 16,32 Millionen Einwohnern ist es die zweitgrösste Stadt Afrikas, im Land leben über 100 Millionen Menschen. Brazzaville rangiert mit 2,14 Millionen Personen hingegen weit hinten in der Statistik afrikanischer Metropolen, der Staat zählt lediglich 6 Millionen Einwohner.  

Obwohl die beiden Staaten einst zum riesigen Königreich Kongo gehörten und somit Sprache und Kultur teilen, sind sie sich seit der Unabhängigkeit 1960 fremd geworden. Der Afrikakorrespondent der NZZ verglich die beiden Städte einst mit zwei verfeindeten Geschwistern, die Seite an Seite leben müssen.

Was natürlich zu allerlei Merkwürdigkeiten führt. So gibt es noch immer keine einzige Brücke, die die beiden Millionenstädte verbinden würde. Dies, obwohl über den Bau der Brücke seit Jahren verhandelt wird. Ergebnis: Wer auf die andere Seite will, muss weiterhin eine Fähre benutzen. 

Fehlt es an Geld? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Für den Bau einer 1,5 km langen Brücke mit Strassen, einer Bahnlinie und abgetrennten Fussgängerwegen stellten die Afrikanische Entwicklungsbank und weitere Organisationen 2019 ein Finanzpaket von 550 Millionen Dollar in Aussicht. 


Der Ponst du Djoué, ein Prestigeprojekt ohne grossen Nutzen. 

Dafür wurde eine andere Brücke realisiert: Der "Pont du Djoué", eine 2,5 km lange und überaus elegante Stahlseilbrücke direkt am Kongo-Ufer. Sie führt über einen kleinen Nebenfluss des Kongo und verbindet zwei Stadtquartiere von Brazzaville. Der einzige Zweck der nachts pompös beleuchteten Brücke sei es, die Machthaber drüben in Kinshasa zu ärgern, frotzeln die Menschen in Brazzaville, von denen die meisten tagtäglich ums wirtschaftliche Überleben kämpfen müssen. 

Die Prunkbrücke wurde übrigens von China mitfinanziert. Wo das Reich der Mitte sonst noch seine Finger drin hat, soll in einem späteren Blog-Beitrag gezeigt werden.  










Kongo IX: Auf Abschiedstour mit den Pygmäen

Der zweitletzte Tag im Kongobecken gehört ganz der autochthonen Bevölkerung, wie die Pygmäen politisch korrekt genannt werden müssen. Diese ...