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Montag, 2. Dezember 2024

Kongo VII: Eine rätselhafte Brücke blockiert unsere Fahrt nach Ouésso


Die ominöse Brücke, die jede Weiterfahrt verunmöglicht. 

Gemäss Programm führt unsere Reise von der Grenzstadt Ouésso aus mit den drei Schnellbooten auf dem Sangha zum Dreiländereck Kamerun - Zentralafrikanische Republik - Republik Kongo und weiter in die Zentralafrikanische Republik. Unser Ziel: Der Nationalpark Dzanga Sangha, wo wir drei Nächte in einer Lodge verbringen werden.  

Rund 5 km vor Ouésso versperrt eine überaus kuriose Brücke die Weiterfahrt. Sie ist so tief angelegt, dass selbst kleinere einheimische Transportschiffe keine Durchfahrtmöglichkeit mehr haben. 


Die Mannschaft sieht sich gezwungen,  die Aufbauten auf unseren Schnellbooten zu demontieren. Mit eingezogenen Köpfen dirigieren die Bootsführer die drei Boote unter der Brücke hindurch, die Dachaufbauten werden derweil über Land getragen und auf der anderen Seite wieder montiert. 







Ich nutze die Freizeit und spaziere zur Brücke. Auf beiden Seiten sind Sperren angebracht, die jedoch leicht geöffnet werden können. An beiden Brückenenden sind keine ausgebauten Zufahrtstrassen zu erkennen. 

Der gesamte Bauplatz wirkt verlassen.                                                                                                     




Auf unserer Seite steht ein abgetakelter Bagger. Er löst wenigstens ein Rätsel: Er gehört der China Road and Bridge Corporation (CRNC), wie ich auf dem Ungetüm lese. Womit klar wird, dass hier war die chinesische Regierung am Wirken war - oder noch immer ist - wie fast überall in Afrika. 






Der einsame Bagger bekommt eine neue Aufgabe zugewiesen: An ihm wird kurzerhand die "Princesse" an einem langen Stahlseil "verankert". 

Der Kapitän, heute nicht in seiner gelben Hose unterwegs, scheint mit der Vorgehensweise einverstanden zu sein.














Die Lösung des Rätsels habe ich ebenfalls erst nach meiner Rückkehr in die Schweiz lösen können. Demnach soll an dieser Stelle eine 616 m lange Brücke entstehen, welche über eine ebenfalls noch zu bauende geteerte Zufahrtstrasse von 47 km Länge die beiden Städte Ouésso und Pokola verbinden wird. 

Wie erinnerlich: In Pokola steht das grösste Holzverarbeitungswerk der Republik mit rund 30'000 Einwohnern. 

Der Auftrag ging für die Dauer von drei Jahren an den chinesischen Staatskonzern CRBC. Finanziert werden sollte das Projekt durch die Entwicklungsbank der Zentralafrikanischen Staaten. Gesamtkosten: 160 Millionen Dollar.

Am 20. Mai 2023 schritt Präsident Denis Sassou Nguesso im pompösen Outfit, einen kunstvollen Ebenholzspazierstock in der Hand, in Ouésso über den Roten Teppich, umgeben von Militärs und Ministern, um den Grundstein für das Infrastrukturprojekt zu legen. 

Die Chinesen stellten danach schon mal die kuriose Brücke hin. Diese, so las ich weiter, ist lediglich eine Konstruktionshilfe für den Bau der richtigen Brücke über den Sangha. Doch nun läuft vorderhand nichts mehr. Der Grund dafür, wie im August dieses Jahres bekannt wurde: Die Entwicklungsbank ist 18 Monate nach Baubeginn im Verzug mit den Auszahlungen - und dies nicht nur bei diesem Projekt. 

Wird das Vorhaben jemals ein erfolgreiches Ende finden? Auf jeden Fall dürfte vorerst auch keine Hilfe  aus China kommen. Seit Monaten reduziert Peking seine Kreditvergabe deutlich. Denn auch Chinas Wirtschaft kommt nicht in Gang und die chinesischen Kommunen haben selber enorme Schuldenprobleme.





Die gravierenden Folgen tragen die kleinen und grossen Unternehmen entlang des Sangha Rivers, wie wir in Ouésso beobachten können. Eine einzige in die Jahre gekommene Fähre verbindet die Stadt mit dem gegenüberliegenden Ufer. Eine zweite Fähre, die halb umgekippt an Land liegt, scheint schon lange nicht mehr in Betrieb zu sein. 

Pro Fahrt über den Fluss kann lediglich ein 
Schwertransporter aufgeladen werden. 



 

Die Anlegestelle auf der anderen Flussseite, die Zufahrtsstrasse ist eine Piste. 

Die Lastwagen stauen sich bis zu vier Tage auf beiden Flussseiten, bis sie mit der Fähre rüber können.  










Und hier noch ein Nachtrag: Im Juli/August 2024 wollte die "Princesse" mit 26 Gästen an Bord von Ouésso nach Brazzaville fahren. Nur wenige Kilometer nach dem Start blieb sie auf einer Sandbank stecken. Nach zwei Tagen zeigte sich: Das Schiff ist nicht zu deblockieren. Die Gäste wurden an Land verfrachtet und mussten auf der Strasse die "Flussreise" machen. 

Daniel Ducrot, der Besitzer des Reisebüros, das die "Princesse" gechartert hat, soll laut einem Artikel in der FAZ vom 10. Oktober bei den Baubehörden der Brücke um einen Baustopp gebeten haben. Wegen des steigenden Wasserpegels bestand Hoffnung, dass das Schiff bald wieder manövrierfähig sein würde. Andernfalls wäre die "Princesse" für immer hinter der Brücke eingesperrt gewesen. 

Und so geschah es, das Schiff kam schliesslich kurze Zeit danach frei. Die Brücke wurde vollendet und liegt nun im Dornröschenschlaf....


Kongo I: Wer nach Brazzaville reist, kann zwei Rekorde feiern



Ein Fluss, zwei Hauptstädte: Brazzaville (o.l.) und Kinshasa (u.l.). Bild Nasa

Als mir zwei alte Reisefreunde vor längerem mitteilten, dass sie eine Flussfahrt auf dem Kongo planten, war ich sofort dabei. Zentralafrika war bis zu diesem Zeitpunkt einer meiner vielen buchstäblich weissen Flecken auf der Landkarte des schwarzen Kontinents. 

Unsere Reise begann am 7. November 2024 mit dem Flug von Paris Charles De Gaulle nach Brazzaville Maya-Maya mit der Air France A722. Weil ich das Kleingedruckte auf dem elektronischen Ticket nicht genau studiert hatte, realisierte ich erst auf dem Flug, dass unsere A350-900 zuerst in Kongo Kinshasa zwischenlanden würden. 

Auch gut, sagte ich mir, dann hätte ich wenigstens einen Fuss in die beiden Staaten des Kongo gesetzt, die auseinander zu halten, nicht nur mir schwerfällt. Welches ist die Demokratische Republik Kongo? Und auf welcher Uferseite liegt die Republik Kongo? Weil das so tricky ist, spricht man der Einfachheit halber nur noch von Kongo-Brazzaville und Kongo-Kinshasa

Die Trennlinie zwischen den beiden Staaten ist der Kongo, der mit 4374 km zweitlängste Strom Afrikas. Unser finales Reiseziel Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo liegt auf der nördlichen Seite, Kinshasa, die Hauptstadt der Demokratische Republik Kongo auf der südlichen Seite. 


Die Air-France-Maschine im Anflug auf Kinshasa und Brazzaville. Rekord Nr. 1: Nirgends auf der Welt liegen zwei Hauptstädte so nahe beieinander. 

Tönt kompliziert, wird uns in den nächsten zwei Stunden jedoch die einmalige Möglichkeit bieten, gleich zwei Rekorde zu brechen. Rekord Nummer 1: Weltweit gibt es keine zwei Hauptstädte, die so nahe beieinander liegen wie Kinshasa und Brazzaville. Die zwei Metropolen liegen 4,7 km auseinander.  

Daraus folgt zwingend der zweite Rekord. Die Flugdauer zwischen dem N'Djili Airport in Kinshasa dauert nach dem Start bis zum Touch-down auf dem Flughafen Maya-Maya in Brazzaville genau 10 Minuten. Es dürfte sich weltweit um den kürzesten Flug in der kommerziellen Aviatik handeln. 

Unser Pech: Weil der Flug so kurz ist, können wir nicht mit Champagner auf die Rekorde anstossen....


Rekord Nr. 2: Die Flugzeit zwischen den beiden Hauptstädten dauert ganze 10 Minuten. 

Auf der Fahrt vom Flughafen Maya-Maya zur Anlegestelle unseres Flussschiffes "MS Princesse Ngalessa" am Kongo blicken wir auf die nächtlich erleuchtete Skyline von Kinshasa auf der anderen Flussseite. Mit 16,32 Millionen Einwohnern ist es die zweitgrösste Stadt Afrikas, im Land leben über 100 Millionen Menschen. Brazzaville rangiert mit 2,14 Millionen Personen hingegen weit hinten in der Statistik afrikanischer Metropolen, der Staat zählt lediglich 6 Millionen Einwohner.  

Obwohl die beiden Staaten einst zum riesigen Königreich Kongo gehörten und somit Sprache und Kultur teilen, sind sie sich seit der Unabhängigkeit 1960 fremd geworden. Der Afrikakorrespondent der NZZ verglich die beiden Städte einst mit zwei verfeindeten Geschwistern, die Seite an Seite leben müssen.

Was natürlich zu allerlei Merkwürdigkeiten führt. So gibt es noch immer keine einzige Brücke, die die beiden Millionenstädte verbinden würde. Dies, obwohl über den Bau der Brücke seit Jahren verhandelt wird. Ergebnis: Wer auf die andere Seite will, muss weiterhin eine Fähre benutzen. 

Fehlt es an Geld? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Für den Bau einer 1,5 km langen Brücke mit Strassen, einer Bahnlinie und abgetrennten Fussgängerwegen stellten die Afrikanische Entwicklungsbank und weitere Organisationen 2019 ein Finanzpaket von 550 Millionen Dollar in Aussicht. 


Der Ponst du Djoué, ein Prestigeprojekt ohne grossen Nutzen. 

Dafür wurde eine andere Brücke realisiert: Der "Pont du Djoué", eine 2,5 km lange und überaus elegante Stahlseilbrücke direkt am Kongo-Ufer. Sie führt über einen kleinen Nebenfluss des Kongo und verbindet zwei Stadtquartiere von Brazzaville. Der einzige Zweck der nachts pompös beleuchteten Brücke sei es, die Machthaber drüben in Kinshasa zu ärgern, frotzeln die Menschen in Brazzaville, von denen die meisten tagtäglich ums wirtschaftliche Überleben kämpfen müssen. 

Die Prunkbrücke wurde übrigens von China mitfinanziert. Wo das Reich der Mitte sonst noch seine Finger drin hat, soll in einem späteren Blog-Beitrag gezeigt werden.  










Kongo IX: Auf Abschiedstour mit den Pygmäen

Der zweitletzte Tag im Kongobecken gehört ganz der autochthonen Bevölkerung, wie die Pygmäen politisch korrekt genannt werden müssen. Diese ...