Nächtlicher Empfang auf der "MS Princesse Ngalessa" nach unserer langen Anreise aus Paris. |
Jetzt ist aber höchste Zeit das Schiff vorzustellen, dass uns während 10 Tagen
und 9 Nächten auf dem Kongo und dem Nebenfluss Sangha nach Ouésso im Norden bringen
wird. Der optisch auffallende Kahn wurde 2017 von einer belgischen Werft in
Kinshasa übernommen.
Das Schiffdesign lehnt sich an die einst auf dem Kongo
verkehrenden Passagierschiffe an, welche jahrzehntelang die wichtigsten Städte
am Kongo und seinen Nebenflüssen versorgten. 2023 wurde das Schiff aufgefrischt und ist seit 2024 für touristische Expeditionskreuzfahrten im Einsatz. Es soll sich übrigens im Besitz des kongolesischen Innenministers befinden, wie uns auf dem Schiff von der Besatzung zugeraunt wird. Was angesichts der grassierenden Korruption und Selbstbedienungsmentalität im Regierungsapparat kein Wunder wäre.
Weil der Tourismus in der Republik erst in den Anfängen steckt, ist die "Princesse Ngalessa" das einzige Schiff für ausländische Besucher auf dem Kongo. Und wohl auch das einzige modernere Schiff auf dem Kongo.
Die älteren Passagierschiffe, die einst die Orte am Kongo über Jahrzehnte verbanden, wurden alle ausser Betrieb gesetzt, wohl nicht zuletzt wegen der Bürgerkriege und der bis heute anhaltenden Spannungen zwischen den beiden kongolesischen Nachbarn. Nun rosten die zahlreichen Schiffe im Hafen neben der "Princesse" vor sich hin.
Ausrangierte Passagierschiffe. |
Die 24 Passagiere und Passagierinnen verteilen sich auf Deck zwei und drei, wo sich auch das Restaurant befindet, sowie auf Deck vier, wo die Bar, die Freiluftlounge sowie die Kapitänsbrücke sind. Auf Deck eins arbeiten und wohnen die 21 Angestellten.
Die Kabine gefällt mir. Naben dem Schlafzimmer gibt es eine Ankleideraum mit abgetrenntem Badzimmer. Auf Deck zwei sind vor allem Alleinreisende wie ich untergebracht.
Der lärmige Generator auf Deck zwei (blau) |
Meine gute Laune verfliegt allerdings, als das Schiff am zweiten Tag die Motoren anwirft und Kurs in den Norden nimmt. Der mächtige Generator, der die zwei Schiffsmotoren antreibt und die Stromversorgung sicherstellt, befindet sich rund 15 m entfernt von meiner Kabine im Heck auf dem gleichen Deck ohne jegliche Lärmdämmung. Eine Installationsweise, die ich auf den vielen Flussschiffen, mit denen ich schon gereist bin, noch nie gesehen habe. Ergebnis: In meiner Kabine zittert das Bett und klappern die Möbel, begleitet von einem hohen Lärmpegel. An Schlaf ist kaum zu denken. Das dauert die ersten zwei Nächte an, weil das Schiff mit Volldampf unterwegs ist.
Es tröstete mich auch nicht, dass Daniel, unser sympathische junge deutsche Reiseführer und seine holländische Freundin Iris, die für den Hotelbetrieb auf dem Schiff verantwortlich ist, die hinterste Kabine gleich neben meiner belegen, und damit wohl noch stärker vom Lärm betroffen sind. Offenbar haben sie sich daran gewöhnt.
Auch meine beiden alten Reisekollegen Ursula und Christian fühlen sich auf dem Schiff sehr wohl. Mitgeholfen haben dürfte, dass das Paar eine Kabine auf Deck drei im vorderen Schiffsteil bewohnt und vom Motorenlärm eher wenig mitbekommt.
Chefkoch Clarence, der im Restaurant gerne flambiert. Die Zürcher Feuerpolizei wäre in heller Aufregen.... |
Die Küchenmannschaft bietet bei den täglich drei Mahlzeiten stets eine ausgezeichnete Auswahl an französischen, italienischen und kongolesischen Gerichten an, begleitet von Wein und Bier und einer Auswahl von alkoholfreien Getränken. Auch die Freiluftbar auf dem obersten Deck ist reichlich bestückt mit Aperitif und Digestif.
Die Leistung der Küchenmannschaft und der Kellner ist aus einem weiteren Grund ausserordentlich. Weil es keinen Aufzug von der Küche in das Restaurant gibt, muss alles von Hand über recht steile Treppen von Deck 1 auf Deck 3 hochgetragen werden.
Im Element: Der Barman mit seiner Beschallungsanlage. |
Zur durchwegs guten Laune an Bord trägen wesentlich die kongolesischen Reiseführer bei, denen ihre Arbeit sichtlich Spass macht.
Zu ihnen gehört beispielsweise der hochgewachsene Arold, der uns sachkundig die Vogelwelt entlang des Flusses und im Urwald näher bringt und die vielen religiösen Strömungen im Kongo aufzeigt.
Ornithologe und Religionsspezialist Arold (l.) mit Reiseleiter Daniel. |
Seine Kollegen Jordin und Schadrack erweisen sich auf den Landgängen und Urwaldexpeditionen als exzellente Kenner von Bäumen, Schlingpflanzen, Heilpflanzen und giftigen Gewächsen. Sie zeigen uns, wie Maniok angepflanzt und danach in einem mehrtägigen Verarbeitungsprozess zum wichtigsten Grundnahrungsmittel im Kongo verarbeitet wird. Oder wie man im Kongo mit dem Saft einer bestimmten Pflanze seine Arme mit (abwaschbaren) Tattoos verziert.
Schadrack zeigt uns, was im Urwald alles wächst |
Als eher weniger dem Humor zugeneigt erweist sich der Kapitän, ein Hüne von Mann, der seit 26 Jahren auf Schiffen arbeitet. Er begrüsst uns am zweiten Tag auf dem Schiff in einer tadellos sitzenden Uniform und erklärt uns die "MS Princesse Ngalessa" sowie die Sicherheitsmassnahmen, an die wir uns zu halten haben.
Der Kapitän in voller Montur... |
Und dann sehen wir ihn nie mehr in der Uniform. Am liebsten bewegt er sich im weissem Shirt und langer gelber Trainingshose.
...und im Freizeitlook. |
Zur Schiffsausstattung gehören auch drei Schnellboote, mit denen wir Ausflüge in Nebenarme und seichtere Gewässer machen, sei es auf der Suche nach Flusspferden, von denen wir keines entdecken werden, oder auf der Suche nach Vögeln, wo die Ausbeute reicher sein wird. Mit den Schnellbooten gehen wir auch zum Besuch von Dörfern, derweil die "Princesse" weiter den Fluss hoch tuckert.
Zwei der drei Schnellboote, die für Ausflüge eingesetzt werden. |
Und hier noch ganz zum Schluss der Schiffsbetrachtung: Zweiter sehr gewöhnungsbedürftiger Umstand neben dem Maschinenlärm ist der Umstand, dass die Wifi-Einrichtungen zwar vorhanden sind, aber keine Verbindung aufgebaut werden kann, weil es offenbar mit den Satellitenkontakten nicht klappt. Das wird hart für einen News-Junkie wie mich....