Samstag, 3. Juni 2023

Auf Umwegen nach Paris, Teil 2



Erster Blick auf die Altstadt von Chaumont


Prochain arrêt: Chaumont.

Die mittelalterliche Stadt ist vom Bahnhof aus bequem zu Fuss erreichbar. Wie in Langres, gibt es auch hier einen Säulenheiligen, der in einem kleinen Park zwischen Bahnhof und Altstadt steht.

In Langres war es der berühmte Philosoph Denis Diderot, der die Köpfe seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger mit seinen modernen Gedanken entscheidend erhellte. 


In Chaumont ist es Philippe Lebon (1767-1804). Auch er trug bahnbrechend zur Erhellung bei.



Philippe Lebon


Allerdings nicht in, sondern über den Köpfen der Menschen. Lebon erfand das Leuchtgas. Seine Erfindung revolutionierte die Strassenbeleuchtung.


Lebons Erfindergeist war gross: 1801 meldete er ein Patent für einen Gasmotor an. Dieser Motor war bereits mit einer elektrischen Funkenzündung ausgestattet.


Lebon allerdings bekam bekam von seiner bahnbrechenden Erfindung nichts mehr mit. Mit nur 37 Jahren wurde er ermordet.


Am Tag, als sich Napoleon 1804 selbst zum Kaiser krönte, wurde Lebon in Paris tot aufgefunden. Er hatte an der festlichen Beleuchtung der Strassen mitgewirkt. Die Hintergründe der Tat wurden nie aufgeklärt. 


Für Chaumont steht heute ein anderes Wahrzeichen im Vordergrund: Der Bahnviadukt auf der Strecke Mulhouse-Paris. So bequem der Bahnhof in Chaumont für das Publikum gelegen ist: Um nach Paris zu gelangen, müssen die Züge am westlichen Stadtrand das tiefe Tal mit dem Flüsschen Suize überqueren. 


Dem aus Strassburg stammenden Architekten Eugène Decomble gelang das schier Undenkbare: In nur 15 Monaten zwischen 1855 und 1856 bauten 2500 Arbeiter Tag und Nacht an dem Bauwerk. 60’000 Kubikmeter Steine wurden verbaut.

  


Viadukt von Chaumont (Bild Office de Tourisme Chaumont)


Das Ergebnis: Das aus 52 Rundbögen bestehende Bauwerk ist 50 Meter hoch und 600 Meter lang und hat drei Etagen. Der Bahnviadukt gilt als einer der grössten in Europa. 


Auf der obersten Etage verkehren die Züge auf zwei Gleisen. Auf der mittleren Ebene sind die Kabel für die Signalisationen untergebracht. Auf der untersten Etage spazieren Fussgängerinnen und Fussgänger. Besser gesagt: könnten. Denn bei meinem Besuch war der Durchgang gesperrt.Und das nicht erst seit gestern:  Ein nur mehr schwer lesbares Plakat kündigte die Sperre bereits 2018 an.


Gesperrter Fussgängerdurchgang



Doch auch ohne die Begehung imponiert das Bauwerk. Eine kundige Vertreterin des Tourismusbüros von Chaumont bemüht gar den Eifelturm in Paris als Vergleichsobjekt: Würde man die 52 Rundbögen übereinanderstapeln, käme man auf die Höhe des Pariser Wahrzeichens. 

 

Noch zwei Dinge gehören zur Geschichte der Brücke. 


Erstens: In den letzten Tagen des 2. Weltkriegs  sprengten deutsche Truppen vier Pfeiler, die später in Stahlbeton (mit Steinfassade) wiederaufgebaut wurden. .


Und zweitens: Der Viadukt schaffte es in den 70er und 80er Jahren als Kulisse in mehrere französische Filme. 


Der Viadukt ist vom Bahnhof aus zu Fuss gut erreichbar. Die Laufdistanz beträgt rund einen Kilometer. 


Wer mehr über Chaumont, seine Geschichte und die vielen Sehenswürdigkeiten wissen will, wird hier fündig: www.tourisme-chaumont-champagne.com


Chaumont vaut un détour!


Für mich geht es weiter nach Paris. Das schönste daran: Nach wenigen Minuten rollt man über den legendären Viadukt. Die leise Enttäuschung: Von oben erahnt man nichts von der unglaublich eleganten Konstruktion unter den Gleisen. 


Prochain arrêt: Paris Gare de l’Est.


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