Freitag, 17. November 2023

Saudi-Arabien III: Auch früher klotzte man gerne in der Wüste


Das berühmteste Grab in Hegra

Wie versprochen folgt hier ein kleiner Exkurs in die Geschichte von Saudi-Arabien. Im ersten Jahrtausend vor Christus dürften sich die Nabatäer von Arabien aus in das Gebiet zwischen dem Roten und dem Toten Meer ausgebreitet haben. Als Karawanenhändler kontrollierten sie die Handelsrouten nach Südarabien und gewannen ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. erheblich an wirtschaftlicher und politischer Macht. Hauptstadt der Nabatäer war Petra im heutigen Jordanien.

Ihr Ruf war nicht der beste, wie der griechischer Geschichtsschreiber Diodor im 1. Jahrhundert v. Chr. festhielt:  

"Sie führen ein Räuberleben und plündern oft auf Raubzügen die Nachbarländer aus. Sie pflanzen weder Korn oder andere früchtetragende Bäume an, noch trinken sie Wein, noch bauen sie irgendwelche Häuser. Sollte jemand gegen diese Regeln verstossen, so wird dieser mit dem Tode bestraft. Obwohl es viele andere arabische Stämme gibt, die die Wüste als Weide nutzen, übertreffen sie die anderen bei weitem an Reichtum, obwohl sie nicht viel mehr als 10'000 zählen, denn nicht wenige sind gewohnt, Weihrauch und Myrrhe und auserlesene Gewürze zum Meer zu bringen."

Ausdruck dieses Reichtums und das Prestige der jeweiligen Familie zeigen sich in den 109 Gräbern in Nordwesten Saudi-Arabiens, in der antiken Stadt Hegra, das heute Mada'in Salih heisst und als erste saudische Stätte zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. 

Viele sind mit geschnitzten Adlern, mythologischen Figuren, Schlangen und Sphinxen verziert. Die grössten und am meisten verzierten Gräber wurden ganz bewusst so angelegt, dass sie vom Stadtzentrum Hegras aus sichtbar waren. 



Die Grabstätten wurden in hoch aufragende, honigfarbene Felsen gemeisselt, die sich in teileweise bizarren Formen aus dem Sand erheben. Die Gräber haben die Jahrhunderte der Sonneneinstrahlung und Erosion in bemerkenswert gutem Zustand überstanden. Auch die über 130 noch erhaltenen Brunnen, die von den Nabatäern angelegt wurden, deuten auf ein kompetentes Wassermanagement hin. 


Im Innern einer Grabstätte.

Was die Grabstätten von Hegra einzigartig macht, ist das geschriebene Wort. Im Gegensatz zu fast allen Gräbern in Petra tragen mehr als 30 der Grabfassaden von Hegra Inschriften. Es sind juristische Texte, die den Namen der Eigentümer und manchmal auch ihre Rolle in der Gemeinschaft angeben. Sie wurden in nabatäischer Schrift verfasst, einer Variante des Aramäischen, aus der sich später das Arabische entwickelte. 

Das berühmteste Grab von Hegra ist jenes von Lihyan, dem Sohn von Kuza, auch bekannt als Qasr Al Farid oder "Das einsame Schloss". Das 22 Meter hohe Bauwerk soll im 1. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden sein. Das Grab ist von oben nach unten aus dem Felsen gemeisselt. 


Lihyans Grab ist 22 Meter hoch

So ikonisch das Grab von Lihyan ist, mich hat in Hegra ein anderes Grab noch viel mehr fasziniert. Dort fanden Forscherinnen und Forscher die Überreste einer nabatäischen Frau. Was mit Forensik, Paläopathologie und Kunst heute alles möglich ist, beschreibe ich im nächsten Eintrag.  



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