Freitag, 17. November 2023

Saudi-Arabien IV: Wie die Nabatäerin Hinat zu ihrem Gesicht kam

Hinat, die Frau, die vor rund 2000 Jahren gestorben ist. 


Wer war Hinat? Im Jahr 60 oder 61 n. Chr. hat sie diese Information in eine Tafel über dem Eingang ihres Grabs in Hegra ritzen lassen. "Dies ist das Grab, das Hinat, Tochter Wahbus, für sich selbst und für ihre Kinder und Nachkommen erbaut hat. Es soll bis in alle Ewigkeit der Familie gehören. Niemand hat das Recht, das Grab zu verkaufen, zu verpfänden oder zu vermieten. Tritt dies dennoch ein, soll der Anteil am Grab an den rechtmässigen Erben zurückgehen. Im 21. Jahr von Malichus, König der Nabatäer."


Die Grabstätte von Hinat

Die Nabatäer hatten sich ab 1000 v. Chr. im heutigen Gebiet von Jordanien und im nördlichen Teil von Saudi-Arabien ausgebreitet und die Kontrolle über die wichtigen Handelsrouten nach Südarabien übernommen. Das bescherte ihnen grossen Reichtum. 

Davon zeugen die Gräber in der antiken Stadt von Hegra oder Mada'in Salih, wie die Ausgrabungsstätte im Nordwesten Saudi-Arabiens, rund 400 km nordwestlich von Medina, nahe der Oase Al Ula heute heisst. 

Beim Haupteingang zu der Gräberstätte informiert eine kleine Ausstellung über Hinat. 

Im "Grab von Hinat, Tochter Wahbus" fanden Archäologen menschliche Überreste, Textilien, Leder und pflanzliche Stoffe. Eine Grabanalyse ergab, dass bis zu 80 Personen hier begraben wurden. In einem hölzernen Sarg fanden die Forscher Überreste von mindestens vier Menschen – einem Erwachsenen und drei Kindern.

Beim Analysieren eines Schädels tauchte plötzlich die Frage auf, ob sich mit Hilfe von Kenntnissen aus Forensik und Paläopathologie nicht das Gesicht der verstorbenen Person rekonstruieren liesse. 

Die Analyse eines der Skelette im Grab ergab, dass es sich um eine Frau zwischen 40 und 50 Jahren von circa 1,60 Metern Grösse handelte. Die Art des Begräbnisses deutete darauf hin, dass sie der mittleren Gesellschaftsschicht angehörte. Die Archäologen nannten sie entsprechend der Inschrift des Grabs Hinat.

Eine Computertomografie des Schädels ergab Hinweise auf Osteoarthritis und eine Infektionskrankheit der Zähne – Elemente, die beim Formen von Hinats Mund berücksichtigt werden mussten. Anhand technischer Daten zu Gesichtsmuskulatur und Hautdicke rekonstruierten französische Spezialisten erst ein Computerbild von Hinats Gesicht, danach wurde eine dreidimensionale Version des Kopfs erstellt. 

Und nun blickt uns Hinat an, eine Frau, die vor 2000 Jahren gelebt hatte.    

 

 

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