Montag, 19. Februar 2024

Eine kleine Geschichte zum Arganöl aus Marokko

Meine jüngste Kürzestreise führte nach Marokko. Eingeladen hatte die staatliche Tourismusbehörde. Und dort stiess ich auf ein interessantes Museum in Taghazout. Der kleine Küstenort liegt einige Kilometer nordwestlich von Agadir, der Millionenstadt an der Atlantikküste und gilt als Mekka für Surfer und Surferinnen. Das Museum widmet sich einem einzigen Thema: dem Arganöl, in der Werbung gerne auch als «das flüssige Gold Marokkos» gepriesen. Das Arganöl, soviel wusste ich, ist teuer und wird unter anderem in der Haarpflege eingesetzt. Das Museum (www.targant.taghazout.com) hat mein Wissen ziemlich erweitert. Kein Wunder, es bezeichnet sich stolz als erstes Arganöl-Museum der Welt.
Der Arganbaum (Argania spinosa) kommt nur in diesem Teil von Marokko vor und seine Früchte werden seit Jahrhunderten verarbeitet. 1998 erklärte die UNESCO das Gebiet zum Biosphärenreservat, einige Jahre später wurde die jahrhundertealten Kenntnisse und Praktiken zur Nutzung des Baumes und seiner Früchte von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Das Öl, das als Delikatesse in Küche und Kosmetik vermarktet wird, ist sehr teuer. Mit ein Grund: Es steckt sehr viel Handarbeit in der Produktion des Oeles. Und das ist vor allem Frauensache. Das wird im Museum anschaulich dargestellt: Frauen ernten die getrockneten Früchte, schlagen sie auf, rösten sie und pressen die Samenplättchen zu Oel. Das war mal.
In den 1990er Jahren verlegte sich die Gewinnung des Arganöls in Fabriken in Agadir und Casablanca. Für viele Familien war das ein Desaster. Mit Hilfe des Staates wurde ein Verband gegründet, dem heute gegen zwei Dutzend Kooperativen angeschlossen sind. Mit den Erlösen aus dem handwerklich gewonnen Öl sollen laut Museum mittlerweile wieder viele Familien leben können. Auf das teure Arganöl wurden auch andere Staaten aufmerksam. In Mexiko, Algerien und Israel soll man laut Museumsführerin versucht haben, die Baum zu kultivieren. Die Versuche sollen fehlgeschlagen haben, weil die Bäume keine Früchte trugen. Die Gefahren für den Anbau und die Gewinnung des traditionsreichen Öls dürften ohnehin an einem anderen Ort liegen. Immer mehr Überbauungen, vor allem für den Tourismus, werden in den Arganreservaten hochgezogen. Im Museum werden überdies noch Kamele als Bedrohung für die Bäume erwähnt. Die Berber treiben je nach Jahreszeit ihre Herden von der Sahara nach Norden, und damit eben auch in die Argan-Gebiete. Dass hier ein seltenes Oel gewonnen wird, interessiere sie herzlich wenig, lese ich auf einer Erklärtafel. Das Problem liege darin, dass die Kamele nicht nur Blätter und die kostbaren Nüsse fressen, sondern auch Äste abbrechen. Im Museumsladen gibt es ein reichhaltiges Angebot an Ölen für die Küche und Kosmetik. Das Arganöl findet sich auch in einer "Nutella"-Version made in Maroc. Amlou, wie der Aufstrich hier heisst, wird aus Mandeln, Honig und eben Arganöl hergestellt. Der Honig stammt übrigens nicht nur von Bienen, auch aus einer Kaktusart wird Honig gewonnen. Und hier, sozusagen als eher schräger Schlusspunkt, noch eine Warnung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung. "Arganöl ist nicht wertvoller als andere pflanzliche Öle. Viele Anpreisungen sind falsch oder irreführend und täuschend. Seinen horrenden Preis von rund Fr. 100.- pro Liter ist es zumindest aus gesundheitlichen Gründen nicht wert." Der Tadel stammt von 2004.

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